„Schau doch einfach auf das Positive!“ Hast du diesen Satz schon mal gehört? Oder vielleicht sogar selbst gesagt?
Oberflächlich klingt er motivierend, jedoch richtet er oft mehr Schaden an, als er hilft. Genau hier liegt das Problem der sogenannten toxischen Positivität.
In diesem Artikel zeige ich dir, was toxische Positivität ist, warum sie gefährlich sein kann und wie du sie vermeidest.
Was ist toxische Positivität?
Toxische Positivität beschreibt den übertriebenen Zwang, immer optimistisch zu sein, unabhängig davon, wie es einem wirklich geht. Negative Gefühle wie Wut, Trauer oder Angst werden dabei ignoriert oder abgetan. Es entsteht der Eindruck, dass alles Negative „weggelächelt“ werden muss.
Stell dir vor, du erzählst einer Kollegin, dass du mit einer neuen Aufgabe völlig überfordert bist. Anstatt zuzuhören oder dich zu unterstützen, sagt sie: „Ach, du schaffst das schon, sei doch froh, dass du so eine Herausforderung hast!“
Oder du teilst einem guten Freund mit, dass du einen schweren Verlust erlebt hast. Der Tod eines geliebten Menschen, das Ende einer Beziehung oder ein anderes einschneidendes Erlebnis. Wenn du dann eine der oben genannten Phrasen hörst, fühlt sich das an, als würde dein Schmerz abgewertet oder einfach übergangen.
Was passiert? Dein Gefühl der Überforderung wird nicht ernst genommen. Oder anstatt dir Raum für deinen Kummer zu geben, schiebt dir dein Gegenüber indirekt die Verantwortung zu, „positiver“ zu sein. Das macht nicht nur einsam, sondern verstärkt oft das Gefühl, unverstanden zu sein.

Warum toxische Positivität problematisch ist
Es ist menschlich, unangenehme Gefühle zu haben. Ärger, Enttäuschung oder Trauer sind wichtige Signale, denn sie zeigen uns, dass etwas nicht stimmt und wir handeln müssen. Wenn wir diese Gefühle ständig unterdrücken, hat das langfristig Konsequenzen:
- Emotionale Überforderung: Unterdrückte Gefühle verschwinden nicht. Sie stauen sich an und können irgendwann explodieren – oft in Form von Stress, Unsicherheit oder psychosomatischen Beschwerden.
- Schlechter Umgang mit anderen: Wenn du dir selbst keine unangenehmen Gefühle erlaubst, fällt es dir oft schwer, diese bei anderen zu akzeptieren. Das macht echte Beziehungen schwierig.
- Verpasste Chancen zur Reflexion: Negative Gefühle helfen uns, Probleme zu erkennen und daraus zu lernen. Wer ständig „nur das Gute sehen will“, verpasst diese Gelegenheit.
5 Sätze, die im privaten Umfeld oft schmerzen
Vielleicht hast du einige dieser Aussagen selbst schon gehört oder sogar gesagt:
- „Du musst stark bleiben.“
- „Andere haben es noch schlimmer.“
- „Alles geschieht aus einem bestimmten Grund.“
- „Sei doch dankbar für das, was du hast.“
- „Zeit heilt alle Wunden.“
Warum solche Sätze so verletzend sind
Stell dir vor, du hast einen geliebten Menschen verloren, steckst in einer schwierigen Trennung oder kämpfst mit einer anderen emotional belastenden Situation. Wenn dir dann jemand mit einer der oben genannten Phrasen begegnet, kann das wie ein Schlag ins Gesicht wirken. Dein Schmerz wird heruntergespielt, als ob er keine Daseinsberechtigung hätte.
Anstatt dir Raum zu geben, deine Trauer zu fühlen, signalisiert toxische Positivität: „Dein Schmerz gibt mir ein unangenehmes Gefühl. Sei doch bitte einfach wieder positiv, damit ich mich besser fühle.“
Das Ergebnis? Du fühlst dich unverstanden, allein gelassen und vielleicht sogar schuldig, weil du nicht „stark“ genug bist oder weil du „zu lange“ trauerst.

Wie du toxische Positivität vermeiden kannst
- Einfach da sein
Wenn jemand traurig ist oder trauert, ist deine Präsenz oft das Wertvollste, was du geben kannst. Du musst nicht die richtigen Worte finden oder versuchen, den Schmerz zu lindern. Eine stille Umarmung, ein offenes Ohr oder ein Satz wie „Ich bin hier, wenn du mich brauchst“ reichen oft völlig aus.
2. Gefühle anerkennen und zulassen
Erlaube der betroffenen Person, ihre Gefühle frei auszudrücken – ob es Traurigkeit, Wut, Enttäuschung oder Schuldgefühle sind. Es ist wichtig, dass sie spürt, dass alle diese Emotionen okay sind. Statt die Person aufzumuntern, kannst du sagen: „Es ist vollkommen in Ordnung, dass du dich so fühlst. Das ist gerade eine unglaublich schwere Zeit.“
3. Keine vorschnellen Lösungen anbieten
Es ist normal, dass du den Schmerz einer anderen Person lindern möchtest. Doch schnelle „Lösungen“ wie „Du wirst bald wieder glücklich sein“ oder „Das Leben geht weiter“ wirken oft abwertend.
Stattdessen könntest du empathisch reagieren: „Ich kann mir vorstellen, wie schwer das gerade für dich ist. Wenn du reden möchtest, bin ich da.“
4. Langfristige Unterstützung bieten
Trauer oder Schmerz verschwinden nicht nach ein paar Tagen oder Wochen. Frag auch nach längerer Zeit nach, wie es der Person geht, und biete an, Zeit miteinander zu verbringen. Ob beim gemeinsamen Spaziergang, Kochen oder einfach bei einem ruhigen Gespräch.
Wie du dir selbst Raum für Traurigkeit geben kannst
Toxische Positivität kann nicht nur von anderen kommen, sondern auch von uns selbst. Vielleicht sagst du dir Sätze wie:
- „Ich darf nicht so viel weinen.“
- „Andere haben schlimmere Probleme.“
- „Ich muss endlich wieder positiv denken.“
Hör auf, deine Gefühle zu unterdrücken oder zu bewerten. Es ist völlig in Ordnung, traurig zu sein, zu trauern oder sich verloren zu fühlen. Diese Gefühle zeigen dir, dass du etwas Bedeutendes erlebt hast und dass du Zeit brauchst, um es zu verarbeiten.
Schreibimpuls: Deine Beziehung zu Traurigkeit und Trost
Nimm dir ein paar Minuten Zeit, um deine Gedanken aufzuschreiben. Du kannst diese Fragen als Leitfaden nutzen:
- Wann hast du das letzte Mal bewusst zugelassen, traurig oder verletzt zu sein? Wie hat es sich angefühlt?
- Gab es eine Situation, in der dir jemand Trost gespendet hat? Was hat dir wirklich geholfen?
- Denk an eine Person, die traurig war: Wie bist du auf sie zugegangen? Was würdest du beim nächsten Mal anders machen?
Schreiben hilft, deine eigenen Gefühle zu reflektieren und idealerweise bewusster darauf zu achten, wie du mit dir selbst und anderen in schwierigen Momenten umgehst.

Fazit: Trauer, Schmerz und Enttäuschung braucht Raum – kein Zurechtbiegen
Toxische Positivität mag gut gemeint sein, aber sie verhindert, dass wir echte Verbindungen zu anderen aufbauen. Besonders in emotional schwierigen Momenten ist es wichtig, einander Raum zu geben, Mitgefühl zu zeigen und einfach da zu sein.
Erinner dich: Du musst nicht immer „das Richtige“ sagen, häufig ist deine Präsenz das größte Geschenk, das du machen kannst.
Dein Weg aus toxischer Positivität – mit meiner Unterstützung
Fühlst du dich manchmal unverstanden, überfordert oder hast das Gefühl, dass deine echten Gefühle keinen Raum bekommen?
Es ist okay, nicht immer stark oder positiv sein zu müssen und manchmal ist es genau diese Erlaubnis, die den Unterschied macht.
In meinem Coaching biete ich dir einen geschützten Raum, in dem all deine Gefühle willkommen sind. Gemeinsam arbeiten wir daran, gesunde Wege zu finden, mit Herausforderungen umzugehen. Du lernst, wieder mehr in Kontakt mit deinen echten Bedürfnissen zu kommen.
Lass uns sprechen – für mehr echte Balance in deinem Leben.
Vereinbare jetzt ein unverbindliches Impulsgespräch und finde heraus, wie ich dich auf deinem Weg unterstützen kann:
Liebe Anja,
was für ein schöner Artikel. Das Leben ist eben nicht nur positiv und einfach über alles Positivität drüber zu bügeln, löst keine Probleme und hilft nicht auf Dauer.
„Erinner dich: Du musst nicht immer „das Richtige“ sagen, häufig ist deine Präsenz das größte Geschenk, das du machen kannst.“ So ist es. Das kann ich aus eigener Erfahrung sagen.
Viele liebe Grüße,
Simone
Liebe Simone,
ein großes Dankeschön für deine Erfahrungen und ganz liebe Grüße nach Schweden 😊